Bericht von Hermann Mathis, Orgelbauer aus Näfels (Schweiz)
Im Herbst 2005 wurden wir eingeladen, ein Anbot zum Bau eriner neuen Orgel für die Kirche St. Anna auszuarbeiten. Der Einbezug der historischen Gehäuseteile in die Gesamtkonzeption bereitete einiges Kopfzerbrechen, war doch das bestehende Gehäuse ursprünglich für eine pneumatisch gesteuerte und mit einem freistehenden Spieltsich ausgestattete einmanualige Orgel gebaut. Ausführliche Gespräche mit dem Orgelbauberater, Prof. Dr. Franz Karl Praßl, sowie dem Landeskonservator des Bundesdenkmalamtes, Hofrat Dr. Friedrich Bouvier, führten zur heutigen Lösung: zu dem besthenden Gehäuse ist ein passendes Rückpoitiv in die Emporenbrüstung eingefügt, das klangliches Verbindungsglied ist, zwischen dem Kirchenschiff und dem auf der Empore sthenden Instrumententeil.
Im Mai 2006 durften wir schließlich den Auftrag zum Bau der neuen Orgel mit Hauptwerk, Rückpositiv und Pedal sowie 20 Registern, einem Vorabzug und zwei Verlängerungen dankbar entgegennehmen.
Im Januar 2007 wurde die alte Orgel abgebaut und die Prospektfront mit weiteren Teilen des alten Gehäuses in die Schweiz transportiert. Ab Jahresbeginn bis Juni 2007 folgte in der Werkstatt in Näfels die Fertigung der einzelnen Bestandteile des Instruments, das im Montagesaal spielbereit zusammengebaut wurde.
Währenddessen wurde in der Kirche die Emporenbrüstung für das Rückpoitivgehäuse ausgeschnitten und der Emporenboden im gesamten Orgelbereich zu statischer Abklärung der Balkenlagen geöffnet und anschließend saniert.
Im Juni 2007 wurde das Instrument nach St. Anna am Aigen transportiert und in der Kirche aufgebaut. Im Juli hat der Restaurator Thomas Fankl die Farbfassung des Gehäuses vorgenommen und im September, nach dem Einbau der ersten Pfeifen und dem Einregulieren aller mechanischen Teile wurde die Klanggebund, die Intonation der Orgel durchgeführt.
Die von Prof. Dr. Franz Karl Praßl entworfene Disposition des neuen Instruments orientiert sich am barocken Orgelbau. Sie eignet sich sowohl für die Begleitung der Gemeinde und das solistische Orgelspiel in Gottesdienst und Konzert, wie auch für das gemeinsame Musizieren mit Sängern und Instrumentalisten.
Die einzelnen Teile der neuen Orgel wurden in Näfels aus traditionellen Werkstoffen in eigener Fertigung erbaut. Besonderes Augenmerk kam dabei vor allem der Qualität des Holzes zu, das im eigenen Holzlager je nach Brettdimension in einem Zeitraum von vier bis zu zwölf Jahren natürlich getrocknet und erst dann zu Gehäuseteilen, Schleifwindladen, Abstrakten, Ventilen etc. verarbeitet wurde.
Die bestehende Gehäusefront sowie alte Gehäuseteile wurden repariert und neu gefasst. Die neuen Rückwände und Dächer, sowie das neue stilistisch zur Hauptfassade passende Rückpositivgehäuse wurden in bewährter Massivholzkonstruktion unter Verwendung naturtrockener Fichte zum Streichen hergestellt.
Wie seit Jahrhunderten im Instrumentenbau üblich, wurden in der Pfeifenwerkstatt auch Holzpfeifen angefertigt und die Metallpfeifen gegossen. Für die Klangfarbe ist das Mischungsverhältinis zwischen Zinn und Blei auch von Bedeutung. Die sichtbaren Prospektpfeifen der Orgelfront weisen einen nahezu 90%igen und die Prinzipalstimmen einen 70%igen Zinnanteil auf. Flötenpfeifen enthalten nur 15% Zinn und haben deshalb einen weicheren Klang als Prinzipalregister.